Weite Strände an der Ostseeküste von Usedom. - Foto: © dpa
Da erheben sich Dünen, so weit und hoch, wie man sie eher in afrikanischen Wüsten erwartet. Da thronen Leuchttürme auf Felsen, so stolz und idyllisch wie im US-Staat Maine. Da leuchten Klippen so golden in der Spätsommersonne, dass man sie auf Gemälden als kitschig bezeichnen würde. Aber das hier ist nicht weit, exotisch oder gemalt, es ist echt und nah.
Pure Natur zum Bestaunen und Anfassen, Erklimmen und Ausschauhalten, weit hinaus auf den Horizont vor der Ostseeküste Polens. Dazu der Sand, so fein, weich und weiß, dass man sich darauf ausstrecken möchte und erst einmal träumen, lange und genussvoll.
Außerdem, hier und dort: dichte Wälder, Sumpfgebiete, von Vögeln bevölkert. Und als sei das alles noch nicht genug: wunderschöne historische Städte, liebevoll restauriert.
Früher schaute man sich gern Fotos und Fernsehsendungen über die polnische Ostseeküste an. Aber hinfahren? Ach nein, eher nicht. Die Qualität der Hotels erfüllte nicht die eigenen Ansprüche, die Straßen waren nicht so gut ausgebaut, dass man dort seinen Urlaub verbringen wollte.
Luxus-Hotol in Sopot, dem Badevorort von Dazig. - Foto: © picture alliance/prismaarchivo
Doch diese Zeiten sind endgültig vorbei: Die Unterkünfte bieten immer mehr Komfort, die Infrastruktur ist optimiert worden. Sogar die polnischen Campingplätze genießen mittlerweile einen so guten Ruf, dass nicht wenige deutsche Urlauber das Land per Wohnmobil erkunden.
Ein weiterer Trend heißt: Radwandern. Das flache, abwechslungsreiche Land und das milde Klima sind perfekt dafür. Die Tour an der polnischen Ostsee kann man auf Usedom starten, oder aber in Stettin.
Die Industrie- und Hafenstadt an der Mündung der Oder ins Haff hat sich in letzter Zeit prächtig herausgeputzt: In kräftigen, bunten Farben leuchten die Giebelhäuser der Stettiner Altstadt, im Schloss gibt es Opernaufführungen und Kunstausstellungen zu erleben, auf den Plätzen und Boulevards der Neustadt lässt es sich herrlich flanieren.
Das Regierungsgebäude von Stettin. - Foto: © picture alliance/Bibliographisches Institut/Prof. Dr. H. Wilhelmy
Gut 100 Kilometer sind es von hier nach Swinemünde auf der Insel Usedom: Der lebhafte Badeort glänzt mit einem schönen Strand, historischen Villen in typischer Bäderarchitektur und einem sehenswerten Leuchtturm – einem von vielen. Polens Küste, ein tolles Revier für alle Leuchtturmfreunde.
Zwischen dem Badeort und der großen Stadt erstreckt sich das Stettiner Haff mit der Insel Wolin und dem gleichnamigen Nationalpark. Eine Landschaft, geprägt von hohen Klippen, Wald und Wiesen, Sümpfen und Seen, über denen Seeadler ihre Kreise ziehen. Ein wunderbares Wandergebiet.
Vor dem Leuchtturm des polnischen Ostseebades Kolberg liegt die "Santa Maria". Sie gehört zu einer ganzen Flotte von "historischen" Schiffen. - Foto: © ZB - Fotoreport
Weiter geht die Reise zu Seebädern wie Kolberg oder Ustka, mal groß, trubelig und mit üppigem touristischem Angebot, mal klein und gemütlich. Aber immer mit sensationellen Stränden – direkt vor Ort und auch in der weiteren Umgebung.
Zwischen Darlowo und Ustka liegt das "Karierte Land", eine Region voll malerischer Fachwerkbauten, die man entlang einer 50 Kilometer langen, gut ausgeschilderten Route erkunden kann.
Das schönste Dorf heißt Schwolow und wirkt mit seinem Kirchlein, kleinen Reetdachhäusern, frei laufenden Hühnern und 240 Einwohnern wie ein Bilderbuchidyll.
Kurz darauf folgt eine weitere sensationelle Region für Naturerlebnisse und Wanderabenteuer: der Slowinzische Nationalpark mit duftenden Kiefernwäldern, einsamen Stränden und Dünen, die eher an Namibia als an Ostsee erinnern.
Ein Abstecher ins Landesinnere, in die Kaschubische Schweiz, eröffnet gänzlich andere Aussichten: auf lang gestreckte Seen mit kristallklarem Wasser und dicht bewaldetes Hügelland.
Blick auf Danzigs Altstadt mit der Kirche St. Nikolaus, der Weichsel und der Danziger Bucht im Hintergrund. - Foto: © picture-alliance / PAP
Dann nähert man sich auch schon Danzig und seinem eleganten Badevorort Sopot. Wer das Meer zum Schwimmen zu kühl findet, kann auf einer mehr als 500 Meter langen Seebrücke über dem Wasser wandeln.
Etwas weiter nördlich ragt eine Landzunge in die Danziger Bucht: Sie ist Polens Windsurf-Eldorado und bewahrt die Strände rund um die Stadt vor allzu steifen Brisen.
Kopfsteinpflaster, schmale Hutzelhäuschen, Mittelalterflair. Prachtvolle Patriziergebäude, der massive Backsteinbau der Marienkirche, Tore, Türme, Märkte, Brunnen: Dies alles und noch so viel mehr macht Danzig zu einer der schönsten und wichtigsten Ostseestädte. Mindestens einen Tag sollte man hier verbringen, möglichst aber zwei oder drei.
Und wenn dann noch Zeit bleibt: auf zum Frischen Haff und zur Frischen Nehrung, zu fantastischen Stränden und Dünen. Zur Marienburg, einer der größten mittelalterlichen Festungen Europas. Und vielleicht auch nach Elbing mit erst jüngst wiederaufgebauten Giebel- und Fachwerkhäusern.
Blick auf restaurierte Häuser an der Mottlau in der polnischen Hafenstadt an der Danziger Bucht. - Foto: © dpa - Bildarchiv
Vor lauter Sehenswürdigkeiten und Landschaftszauber sollte man eines auf keinen Fall vergessen: die kulinarischen Genüsse. Denn Polens Küche ist zwar oft schwer und derb, hier an der Ostsee aber bei vielen Fischgerichten auch herrlich frisch und leicht.
Wenn es doch mal reichhaltiger sein darf: Mit dem Herbst beginnt bald die Wildsaison, dann gibt es wieder Reh und Fasan, Ente, Hirschund Hasenbraten.
Und für die Verdauung anschließend einen kräftigen Wodka oder ein feines Danziger Goldwasser. Oder einen ausgedehnten Spaziergang, immer am Strand entlang.
Das Klima ist mild: Im Sommer sind es selten mehr als 25 Grad, im Winter selten unter 0 Grad. Hochsaison: im Juli und August. Perfekt für Aktiv- und Kulturreisen: September.
Die Autobahn A11 verbindet Berlin und Stettin (150 km), die A20 Lübeck und Swinemünde (280 km). Die Bahnfahrt Berlin – Stettin dauert zwei Stunden, Nahverkehrszüge an die Küste brauchen aber recht lange. Zwischen deutschen und polnischen Städten verkehren außerdem Linienbusse (www.eurolines.de). Per Flugzeug erreicht man Danzig mit Lufthansa, LOT und Wizzair.
Die Auswahl an Hotels und Pensionen ist groß, der Komfort hat sich in letzter Zeit sehr verbessert. Buchen kann man im Reisebüro bei Veranstaltern wie TUI oder Dertour oder über Onlineportale wie www.booking.com.
Die Preise sind etwa in Restaurants zwar gestiegen, liegen aber unter jenen deutscher Lokale. mehr infos Polnisches Fremdenverkehrsamt Berlin, Tel. 030/210 09 20, www.polen.travel/de
Um Landschaften und Städte gut kennenzulernen, sollte man für die Tour von Stettin entlang der Küste nach Danzig und zur Frischen Nehrung möglichst 14 Tage einplanen.
Es gibt ein dichtes Netz guter, preiswerter Campingplätze, auf denen auch Caravans willkommen sind. Viele gehören zur Polnischen Camping und Caravaning Föderation (www.pfcc.eu). Die meisten sind von Mai bis September geöffnet.
Superbenzin und Diesel kosten etwa 1,30 bis 1,40 € pro Liter. Die Promillegrenze liegt bei 0,2. Beim Fahren ist stets Abblendlicht einzuschalten.
Kaum Steigungen, wenig Autoverkehr: Reisen auf dem 480 Kilometer langen Polnischen Ostsee-Küstenradweg sind ein herrliches Erlebnis. Aber Achtung: Der Untergrund ist teilweise sandig! Wer mit Auto oder Camper unterwegs ist und zwischendurch radeln will, findet überall viele Fahrradvermieter.
Besonders schöne Tour: die Halbinsel Hel. Pauschalreisen Geführte oder individuelle Radreisen bieten die Veranstalter Die Landpartie (www.dielandpartie.de), DNV Touristik (www.radlerbus.de) und Dertour (www.dertour.de).
Autor: Nele-Marie Brüdgam